Wird die Corona-Krise die in vielen Städten eingeleitete Verkehrswende in Deutschland beenden? Zumindest ist das Auto der große Gewinner der Pandemie, wie eine repräsentative Umfrage des Wissenschaftszentrums Berlin (WZB) zeigt, die unserer Redaktion vorliegt.
Jeder dritte Deutsche will demnach künftig aus Angst vor dem Virus Busse und Bahnen meiden und stattdessen lieber auf den Pkw zurückgreifen. Ohnehin ist der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) der große Verlierer der Pandemie. Denn weitere 20 Prozent der Befragten weichen derzeit auf das Fahrrad aus.
Corona-Krise eröffnet Chancen und Risiken für die Verkehrswende
Für die Verkehrswende sieht die Forschungsgruppe Risiken, aber auch Chancen. „Die Ergebnisse zeigen, wie fragil die in den letzten Jahren begonnene Verkehrswende im Sinne einer Reduktion des Autoverkehrs noch immer ist und wie groß die Kraft der über Jahre eingeübten Routinen“, sagte Andreas Knie, Leiter der Forschungsgruppe Digitale Mobilität am WZB. Das Auto sei nach wie vor die bequemste aller Alternativen. Daran wird wohl auch die neue Kfz-Steuer nichts ändern, die das Bundeskabinett nun beschloss.
Zugleich könne die Krise die Verkehrswende insbesondere in den Großstädten aber auch beschleunigen, meint dagegen WZB-Forscher Weert Canzler. In Berlin etwa entstehen derzeit neue temporäre Fahrradwege, sogenannte Pop-Up-Radwege. Ende Mai seien an den Zählständen der Hauptstadt bereits so viele Radfahrer wie im gesamten Vorjahr erfasst worden.
„Die Pandemie könnte in den Städten die Verkehrswende weiter voranbringen, wenn der Radverkehr mehr Unterstützung erfährt,“ sagte Canzler. Wenig begeistert zeigt sich davon hingegen der ADAC. Der Automobilclub erwartet noch mehr Staus in den Städten. Die Deutsche Bahn hingegen hofft, wieder mehr Kunden für ihr Angebot begeistern zu können. Helfen soll dafür ein 20-Fahrten-Ticket für Pendler.
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Deutsche sind mehr zu Fuß unterwegs
Besonders oft sind die Deutschen in der Krise aktuell aber auch zu Fuß unterwegs. 30 Prozent aller Wege absolvierten die Deutschen im Mai zu Fuß, teilten die Forscher mit. Für gewöhnlich liegt der Wert im Mai nur bei 19 Prozent.
An die Beschränkungen haben sich viele Deutsche zudem offenbar auch gehalten, insbesondere im April war das Mobilitätsaufkommen der Deutschen extrem gering. Weniger als zehn Kilometer legten die Deutschen Anfang April pro Tag zurück, das entspricht gerade einem Viertel des Durchschnitts. Auch waren während des Stillstands deutlich weniger Menschen unterwegs. Nur knapp 60 Prozent statt vorher 85 Prozent der Deutschen legten täglich Wege zurück.

Die Studie hat das WZB im Auftrag des Bundesforschungsministeriums erstellt und in einem Mobilitätsreport zusammengefasst, der unserer Redaktion vorliegt. Zuerst berichtete der „Spiegel“. Ziel des Projekts ist es, das Verkehrsverhalten der Deutschen über drei Jahre hinweg zu untersuchen.
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